Gastkommentar von Klaus Uwe Benneter in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 13.02.2005 über Merkel und Hayek.
Online unter: http://library.fes.de/pd/www.spd.de/2005/1045003.html:
Im vereinigten Deutschland kommen vielfältige Erfahrungen zusammen. Ost und West können voneinander auch lernen, wie Freiheit und Gerechtigkeit in Einklang zu bringen sind. Und wie deren optimales Zusammenspiel für Wohlstand unter veränderten Bedingungen auszusehen hat. Aber sich aufgrund der eigenen Erfahrung der Unterdrückung von Freiheit für das Freiheitsverständnis Hayeks zu entscheiden, hieße mit der sozialen Marktwirtschaft zu brechen. Freiheit ist bei Hayek die Freiheit, möglichst viel privaten Profit zu machen. Der Mensch wird so zu einem Instrument für wirtschaftlichen Gewinn. Frau Merkel übersieht, daß es für Hayek und andere Wirtschaftsliberale nicht darum geht, den Menschen zur Freiheit zur befähigen. Sie wollen Markt, möglichst sofort, möglichst überall. Und möglichst ohne Politik.
Daß der ungezügelte Markt zu einer lebenswerteren Gesellschaft führt, ist ein Irrglaube. Gesellschaft funktioniert nicht nach mathematischen Gleichungen. Der Markt taugt nicht als Vertragsprinzip für eine gute Gesellschaft. Menschen denken anders, Gesellschaft funktioniert anders. Freiheit erfordert gleiche Startchancen und materielle Absicherung. Freiheit basiert auf Rechten und Pflichten, auf gesellschaftlicher Verantwortung und Eigenverantwortung. Menschen sind nicht nur egoistisch und auf Nutzenmaximierung bedacht. Menschen sind fähig zur Solidarität.
Christian Soeder