Zu den Vorgängen um Jörg Tauss, den ich persönlich kenne und schätze, wollte ich mich eigentlich nicht weiter äußern. Mittlerweile finde ich es jedoch erschütternd, dass die Unschuldsvermutung offensichtlich nichts mehr gilt und ein Mensch von der Presse derart vernichtet wird - und die Staatsanwaltschaft ihre Kompetenzen weit überreizt. Deshalb nun ein paar Artikel zu der Thematik, die etwas anders als die Mainstream-Presse berichten:
eigentümlich frei: "Kinderpornographie: Jörg Tauss ist nicht irgendwer":
Der Spiegelfechter: "Die Affäre Tauss - wie demontiert man einen Datenschützer?":
Rechtsanwalt Achim Flauaus: "Jörg Tauss, Unschuldsvermutung und öffentliche 'Hinrichtung'":
Auch Jörg Tauss' Anwalt Jan Mönikes hat sich ähnlich geäußert:
antibuerokratieteam.net: "Jörg Tauss lag völlig richtig":
Datenschutzbeauftragter Online: "Jörg Tauss: Subtile Hetze":
law blog: "Die Pflichten eines Volksvertreters":
eigentümlich frei: "Kinderpornographie: Jörg Tauss ist nicht irgendwer":
Nun kann man aus der Ferne naturgemäß kaum eine Aussage über die Plausibilität oder den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe treffen, die immerhin dem zuständigen Parlamentsausschuss überzeugend genug erschienen, um Tauss' Immunität aufheben zu lassen. Doch allein die Beschäftigung mit den Begleitumständen wirft einige Fragen auf. Zuallererst einen der -ähnlich wie im Fall Zumwinkel- an vorsätzliche Rufschädigung grenzender Umgang mit der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung. Denn dem SPD-Abgeordneten wurde bislang weder eine Straftat nachgewiesen, noch wurde er gar verurteilt - in den Augen des Rechtsstaates hat er also als unschuldig zu gelten.
Der Spiegelfechter: "Die Affäre Tauss - wie demontiert man einen Datenschützer?":
Es ist sogar wahrscheinlich, dass auf den Rechnern von Jörg Tauss „strafrelevante“ Inhalte gefunden werden, ohne dass dies etwas mit „Kinderpornographie“ – wie sie der gesunde Menschenverstand definiert – zu tun hat. Im Falle „Dänische Sperrliste“ wurde beispielsweise gegen einen Internetnutzer ein Durchsuchungsbefehl angestrengt, der einen Link auf ein Blog gesetzt hat, auf dem wiederum ein Link zu finden war, der auf die dänische Sperrliste verweist, die auf Wikileaks veröffentlicht wurde. Die Unterstellung, dass man sich mit allen verlinkten Inhalten von Seiten vertraut gemacht hat, auf die man verlinkt, ist ein Schlag ins Gesicht der Informationsfreiheit. In diesem Falle wird sogar unterstellt, alle Inhalte von Seiten, die auf verlinkten Seiten verlinkt werden, zu kennen. Dies ist ein Einfallstor für Willkür.
Rechtsanwalt Achim Flauaus: "Jörg Tauss, Unschuldsvermutung und öffentliche 'Hinrichtung'":
Im Falle von Jörg Tauss, dem MdB und baden-württembergischen SPD-Generalsekretär, haben auf Unterrichtung der Karlsruher Staatsanwaltschaft alle Abendnachrichten mit vollem Namen und Bild über den Verdacht des Besitzes kinderpornographischen Bildmaterials berichtet. Kurz nach Beginn der Durchsuchung war das Privatfernsehen zur Stelle gewesen. Tauss mußte alle Ämter aufgeben.
Von den Strafgerichten wird in solchen Fällen die Wirkung der öffentlichen “Hinrichtung” beklagt und die Strafe gemildert. Das weiß ein Staatsanwalt. Was also bezweckt er?
Vernichtung eines Beschuldigen ist nicht und darf nicht Zweck eines Strafverfahrens sein. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe betreibt das Gegenteil, wohl wissend, daß sich kaum jemand vor Tauss stellen wird, “bei diesen Vorwürfen”.
Auch Jörg Tauss' Anwalt Jan Mönikes hat sich ähnlich geäußert:
Es ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft in Deutschland, nicht nur jemanden anzuklagen, sondern auch zu berücksichtigen, dass er gar nicht schuldig sein könnte oder nur eine geringe Schuld hat. Deswegen ärgert es mich, dass hier in einer Weise kommuniziert worden ist, die der Unschuldsvermutung widerspricht. Das Problem ist, dass die Sache in den letzten Tagen damit eine Dynamik bekommen hat, die eigentlich dem rechtsstaatlichen Verfahren widerspricht. Das kommt im Ergebnis schon einer »sozialen Exekution« nahe.
antibuerokratieteam.net: "Jörg Tauss lag völlig richtig":
Unabhängig davon, ob Zettels Unschuldsvermutung hinsichtlich des nun ehemaligen Medienexperten der SPD-Bundestagsfraktion begründet ist oder nicht, macht die Aktion der Staatsanwaltschaft deutlich, dass der mit seinen fortgesetzten Hinweisen auf die bekannten Fehleinschätzungen der Befürworter von Internet-Sperren völlig richtig lag: Wie die bisherigen Ermittlungsergebnisse nahe legen, läuft die Verbreitung des Materials nämlich offenbar über Datenträger, die per konspirativer SMS über dubiose Mittelsmänner angefordert werden, nicht im WWW.
Datenschutzbeauftragter Online: "Jörg Tauss: Subtile Hetze":
Nachdem gestern bekannt wurde, dass die Büros des Abgeordneten Jörg Tauss wegen des “Verdachts auf Kinderpornographie” durchsucht wurden, ist eine zunehmende mediale Hetze zu beobachten, die äusserst subtil arbeitet.
law blog: "Die Pflichten eines Volksvertreters":
Darunter fallen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Tätigkeit verdeckter Ermittler, von Sachverständigen, Anwälten, Ärzten und Wissenschaftlern. Sicherlich kann man auch als Bundestagsabgeordneter, der mit der Thematik vertraut ist, einige Gründe für das Vorhandensein solchen Materials anführen.
Ob es gute Gründe sind, wird sich wohl auch anhand der Auffindesituation bewerten. Material auf einem Rechner in der Privatwohnung dürfte anders zu bewerten sein als zum Beispiel Daten auf einem Rechner im Abgeordnetenbüro oder in einer Akte, insbesondere wenn diese sauber geführt werden und einem konkreten Projekt im Zusammenhang mit der Abgeordnetenätigkeit zuzuordnen sind.