Weil gerade auf Twitter einige CDU-Nachwuchspolitiker vor Kraft kaum mehr laufen können und rumproleten, dass es niemals auch nur irgendeine Zusammenarbeit zwischen CDU und Linkspartei gäbe, erlaube ich mir, auf einen schon etwas älteren Blog-Eintrag von Michael Neumann hinzuweisen:
In Zwickau sind Absprachen zwischen CDU und Linkspartei Alltag. So wurde der Zwickauer Bevölkerung in einer Zeitungsanzeige, in der die CDU gemeinsam mit der Linkspartei sowie der „AG Zwickau“ (Wählervereinigung) für die Streichung von zwei der fünf Beigeordnetenposten warb, mitgeteilt: „Diese drei Fraktionen vertreten (…) den überwiegenden politischen Willen und sind gemeinsam in der Lage, diesen in Beschlüsse münden zu lassen.“ (Wochenspiegel, 23.4.2008, FAZ, 10.6.2008).
In Cottbus kandidierte im Oktober 2006 der CDU-Politiker Holger Kelch unter dem Dach eines Wahlbündnisses mit der damaligen Linkspartei.PDS für das Amt des Oberbürgermeisters. Er verlor zwar gegen den Kandidaten der SPD, Frank Szymanski. Doch weiterhin ist es Alltag im Cottbuser Stadtrat, dass CDU und Linkspartei zusammen abstimmen (Die WELT, 23.5.2008). Kelch: „Das Ende der DDR ist jetzt schon 15 Jahre her. (…) Wenn ich mir die PDS-Funktionäre hier in Cottbus anschaue, sind das aber nicht die Menschen, die damals daran schuld waren.“ (SUPER ILLU, 12.10.2006). CDU-Kreistagschef Dombrowski: „Die PDS ist nicht mehr die SED.“ (Tagesspiegel, 29.8.2006).
Verteilung von Posten: Koalitionen der Willigen
In Chemnitz haben sich CDU und Linkspartei im Stadtrat über die Verteilung der drei Beigeordneten-Posten geeinigt. Dadurch wurden am 11.6.2008 zwei CDU-Politiker und ein parteiloser Kandidat der Linkspartei gewählt. Der Kandidat der Linken ist nun mit konservativem Segen Bürgermeister mit den Geschäftsbereichen Recht und Ordnung in Chemnitz (FAZ, 10.6.2008). Der SPD-Kandidat wurde von der Union hingegen nicht unterstützt. Aus Protest gegen die Wahl trat das CDU-Ratsmitglied Christoph Paus aus der Fraktion aus.
Dresden ein ähnliches Szenario: In der sächsischen Landeshauptstadt will die CDU die Posten der Beigeordneten zwischen sich und der Linksfraktion.PDS aufteilen. Mit den Mandatsträgern der Linksfraktion.PDS hatte die CDU auch schon den Beschluss zum Verkauf der Dresdner Wohnungsbaugesellschaft (Woba) durchgesetzt. Faktisch gibt es eine inhaltliche Koalition. (Sächsische Zeitung, 11.5.2005). Die Fraktion der Linkspartei spaltete sich aufgrund des Woba-Verkaufs.
In Magdeburg kam es am 3. Juli 2008 zum Skandal, weil sich die CDU zusammen mit der Linkspartei die Posten der Beigeordneten zuschanzte. Nachdem der Kandidat der CDU für den Posten Wirtschaftsbeigeordneten mit den Stimmen der SPD gewählt worden war, wie dies zwischen Christdemokraten und Sozialdemokraten besprochen hatten, hielt sich die CDU bei der Wahl der Sozialbürgermeisterin nicht an diese Absprache. Die CDU gab ihrerseits nicht ihre Stimmen der SPD, sondern wählte einen Altlinken aus der Linksfraktion, der bis 1989 die Moskauer Parteihochschule besuchte und fast ein Vierteljahrhundert als hauptamtlicher Parteiarbeiter in Diensten der FDJ, SED, PDS und Linkspartei agierte (Volksstimme, 3.7.2008).
In Brandenburg an der Havel fand 2005 ebenfalls ein Parteiendeal zwischen Linkspartei und CDU statt: Bei der Abwahl des SPD-Bürgermeisters enthielt sich die damalige PDS der Stimme und erhielt nach den Neuwahlen den Posten der Beigeordneten für Soziales (DEMO 6/2005).
Im Prignitz-Kreis in Brandenburg wurde der CDU Landrat Hans Lange mit den Stimmen der Konservativen, der FDP, der Bauernpartei und der PDS gewählt. Dafür erhielt letztere einen Dezernenten-Posten. CDU und PDS erarbeiteten zudem ein gemeinsames Positionspapier (Süddeutsche Zeitung, 7.11.2001).
Im Berlin Marzahn-Hellersdorf wurde die Bürgermeisterin Dagmar Pohle (Linkspartei) zu Beginn der Legislaturperiode 2006 mit den Stimmen der CDU gewählt, obwohl auch eine Koalition von SPD, CDU, FDP und Grünen möglich gewesen wäre. Linkspartei und CDU arbeiten auch inhaltlich zusammen. (Quelle: MdBA Mario Czaja, CDU).
In Berlin-Mitte hatte sich in der letzten Legislaturperiode (2001-2006) Joachim Zeller (CDU) mit den Stimmen der damaligen PDS (sowie der Grünen und der FDP) zum Bezirksbürgermeister wählen lassen, um einen SPD-Bürgermeister zu verhindern. In einer gemeinsamen Vereinbarung zwischen CDU, Linkspartei und Grünen wurden kommunalpolitische Schwerpunkte beschlossen (Quelle: Zeitschrift der PDS, Mittendrin, 12/2001). Der Spiegel titelte: „Die rechte Empörung ist nicht gerade glaubwürdig. Wenn es um die eigene Macht geht, scheuen auch Christdemokraten und Liberale nicht den Pakt mit dem angeblich roten Teufel. … Selbst der scheidende CDU-Landeschef Eberhard Diepgen orakelte, man könne langfristig eine Zusammenarbeit auf Landesebene mit der PDS nicht ausschließen.“ (Spiegel, 10.12.2001).
In Meißen unterstützten PDS und CDU zusammen den parteilosen Jugendamtschef Olaf Raschke als Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl 2005.
In Bad Kösen, Sachsen-Anhalt, wird die CDU-Bürgermeisterkandidatin Jacqueline Kreisel vom Bad Kösner Bürgerforum und der Linkspartei unterstützt. Jetzt erarbeiten „CDU, Bürgerforum und Linkspartei ein nachhaltiges Programm für Bad Kösen“. (Quelle: http://blog.cdu-burgenland.de/?cat=11 Mittwoch, den 21. Mai 2008).
In Hoyerswerda (Sachsen) kandidiert der ehemalige CDU-Chef Joachim Lossack bei den Kreistagswahlen nun für die Linkspartei. In Kölleda (Thüringen) ist hingegen der ehemalige Kreischef der PDS, Heinz Döring, zur örtlichen CDU gewechselt.
Auch SED- und Stasi-Vergangenheit ist egal
In Glauchau unterstützte die CDU einen Kandidaten, der vor der Wende der letzte SED-Bürgermeister der Stadt gewesen war (FAZ, 10.6.2008).
In Mühlau bei Chemnitz unterstützte die CDU ihren alten Kandidaten, Frank Rüger, obwohl vor der Wahl dessen Tätigkeit als Stasi-Offizier bekannt geworden war. Rüger war zwar aus der CDU ausgetreten, trotzdem stand die lokale CDU zu ihm, auch um zu verhindern, dass der Kandidat der Freien Wähler gewinnt (FAZ, 10.6.2008).
Doch nicht alles ist im Dunkeln – manche aus der Union sprechen offen über eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei
Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer sagte im Radiosender MDR: „Was ich an der Linkspartei respektiere, ist ihre sehr intensive Basisarbeit, und das fehlt mir bei der CDU” (…) Darüberhinaus schloss Böhmer eine Koalition mit der Linken nicht generell aus. Gegenwärtig könne er sich das zwar nicht vorstellen, er betrachte ein Angebot des Fraktionsvorsitzenden der Linken, Wulff Gallert auch nicht als „unmoralisch”. Böhmer : „Wenn demokratische Parteien nicht grundsätzlich koalitionsfähig sind, schaffen wir die Demokratie ab” (Mitteldeutsche Zeitung, 17.7.2008).
In Dresden segnete der dortige Kreisvorstand der CDU die Zusammenarbeit bei Inhalten und der Wahl der Beigeordneten mit der Linksfraktion.PDS ab: Der Kreisvorsitzende Lars Rohwer stellte fest, der Kreisvorstand hätte den Plan „zustimmend zur Kenntnis genommen“ (DNN, 10.7.2008). Zudem könnte er sich ganz konkret Politiker der Linksfraktion.PDS als Verbündete der lokalen CDU vorstellen. „Noch ist niemand auf mich zugekommen und es wird deswegen sicher harte Diskussionen geben. Aber ich kann mir einen Stadtrat ohne solche Persönlichkeiten schwer vorstellen“ (MoPo, 10.7.2008).