Den Störungsmelder lese ich regelmäßig, mit gutem Grund: dort sind immer wieder spannende und interessante Diskussionsansätze zu finden. Aktuell ist dort gerade ein Interview mit Althistoriker Prof. Dr. Egon Flaig zu finden, der wegen eines wissenschaftlichen Aufsatzes Beifall von der rechten Seite bekam, sich von dieser jedoch nicht vereinnahmen lassen will. Sehr, sehr lesenswert.
ENDSTATION RECHTS.: Hätte also die Linke nach Ihrer Meinung aus der „deutschen“ eine “humanistische Leitkultur” machen müssen?
Prof. Flaig: Das wäre sinnvoll gewesen. Stattdessen hat sie dem Kulturrelativismus gehuldigt. Der Relativismus erweckt dabei zunächst den Eindruck der Vielfalt und der Toleranz: Alle Kulturen und kulturellen Ausdrücke sind angeblich gleich viel wert und gleichberechtigt. Aber damit geraten wir genau in das oben angesprochene Dilemma: Wenn das auf alle zutreffen soll, dann natürlich auch auf menschenrechts-feindliche Strömungen, Religionen und Bewegungen. Wenn es keine unverrückbaren ethischen Normen gibt, die für alle gelten, wenn alles erlaubt ist, dann kann auch niemand mehr sinnvoll gegen den Nationalsozialismus argumentieren. Und was gibt es Blamableres, als dass die Linke keinerlei Argumente mehr gegen Nazis hat, weil ihr ihre eigenen ethischen Kriterien abhanden gekommen sind – durch eine radikale ‚Toleranz’, die grundsätzlich kultur-relativistisch und somit menschenrechtsfeindlich ist?