Ob die Monegassen oder die Liechtensteiner moralisch höher stehen oder beide gleich niedrig, kann der Welt überaus gleichgültig sein. Was ihr nicht gleichgültig sein kann, ist die Schädigung, die sie durch die beiden Operettenstaaten erfährt. Und da liegt Liechtenstein mit mehreren Pferdelängen voran. In Monaco ruiniert sich wenigstens nur der einzelne Reiche, der das nötige Geld hat, um zur Spielbank zu reisen. Das ist eine Privatangelegenheit. In Liechtenstein dagegen sammeln sich die Milliarden, die Deutschland, Österreich und allen möglichen andern Ländern Europas entzogen werden. Die Kapitalfluchtgesetze werden zur Farce, solange die Hehlerhöhle Liechtenstein sich internationalen Schutzes erfreut. Die Steuerzahler ganz Europas müssen das aufbringen, was die Flucht ihrer potentesten Landsleute nach Liechtenstein ihnen entzieht.
Selbstbestimmungsrecht der Völker ist sehr schön. Aber Liechtenstein ist kein Staat mit Existenzberechtigung. Es ist ein Parasit, der auf allen andern Staaten herumschmarotzt. Es ist eine Eiterbeule.
Auch wenn man es nicht glauben will: dieses Pamphlet ist nicht von heute, geschrieben anlässlich des milliardenschweren Steuerskandals, sondern von vor über 70 Jahren. Genauer gesagt: er ist von Hellmut von Gerlach und erschien 1933 in der „Weltbühne“.
Was soll man davon denn nun halten? Einerseits ist es tröstlich, dass die Reichen und Schönen heute nicht gieriger und unverschämter sind als damals, andererseits ist es auch bestürzend, dass die Probleme von einst teilweise noch immer die Probleme von heute sind.