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Besuch der Documenta

Vorigen Sonntag war ich mit dem Kunstverein Hockenheim auf der documenta in Kassel; es gab viel zu sehen, ich hatte noch nicht mal annähernd genügend Zeit, alle Exponate gebührend zu würdigen. Besonders beeindruckend waren die großen Ausstellungsstücke rund um Afrika, die auf das Leid der Menschen dort aufmerksam machen sollten. Allgemein ist die documenta sehr politisch: gleich am Anfang des Pavillons ist eine Art „Blumenbeet“ zu finden – nun ist das kein normales Blumenbeet, sondern ein besonderes: die Bezeichnungen, welche Kräuter gepflanzt sind, wurden durch Texte zu verschiedenen Gentechnik-Verbrechen ersetzt.



(Im Eingangsbereich sind auch die ersten chinesischen Stühle zu finden, die man für 3000 Euro pro Stück erwerben kann; natürlich konnten die documenta-Macher nicht widerstehen, einen Stuhl mit Hakenkreuz in den Eingangsbereich zu stellen, obwohl es genügend ohne gab; und ich konnte selbstverständlich nicht widerstehen, diese zu fotografieren und hochzuladen.)

Weiter zu sehen gab es Bilder, die die skandalösen Zustände in Afrika verdeutlichen sollten; sehr schön war ein Werk, das die Afrika-Konferenz in Berlin in den Jahren 1884-85 zum Thema hatte. Auch das Boot „Dream“ aus Blechkanistern, ein ungefähr 10 Meter langes Boot aus Metall, weiß zu beeindrucken: im Hintergrund der paradiesische Strand, im Vordergrund ein abgrundtief hässliches Metallkonstrukt, bei dem klar ist, dass es den Menschen keine Freude bringen wird; denn es ist löchrig. Auf dem Boden stand sinngemäß folgender Spruch auf englisch: „Wenn Du gehst, stirbst Du. Bleibst Du, stirbst Du auch. Dann geh lieber und sei verloren im Boot Deines Traumes.“ Sehr düster und dramatisch, aber eben auch unglaublich bewegend.

Faszinierend hingegen waren die Bilder der Frisuren verschiedener afrikanischer Frauen; tagelanges Frisieren ist notwendig, um diese kleinen Kunstwerke zu erschaffen. Während sie diese tragen, müssen sie auf Stühlen schlafen, da die Frisuren beim Liegen zerstört würden.



Ein weiteres, sehr spannendes Projekt war eine Art Klassenzimmer: die Wand orange, die Bänke grasgrün, die Schultafel darf von jedem beschrieben werden. Hier könnte man auch lange verweilen und beobachten, wie die Menschen reagieren, was sie wegwischen und was sie neu dazuschreiben.
Auch in den anderen documenta-Gebäuden gibt es viel Spannendes zu sehen: die Kabelinstallation, die wirkt, als ob die Handwerker nicht rechtzeitig fertig geworden sind, ist auf ihre eigene Art und Weise aufsehenseregend; was der Künstler damit sagen will, bleibt mir verschlossen, aber dennoch wirkt diese Installation. (Vielleicht symbolisch für Fortschritt, Handwerk, Arbeit?)

Besonders gut haben mir noch kleine Plastiken aus Bronze gefallen, die Panzer darstellen; hiermit wollte der Künstler wohl das Absurde an der Tatsache hervorheben, dass es für Kriegswerkzeuge eigene Designer gibt. Vielleicht wollte er durch die goldene Farbe auch auf die Macht des Geldes hinweisen – ich jedenfalls fand sie schlichtweg toll.

Auch die Installation „Vorwärts auf der deutschen Märchenstraße“ von Jürgen Stollhans gefiel mir gut (logischerweise besonders das Sprüchlein „Von den Sozialdemokraten lernen heißt siegen lernen!“).

Zusammenfassend: eine tolle Ausstellung mit vielen fantastischen Kunstwerken – sehr politisch und polarisierend, aber auf jeden Fall einen Besuch wert. (Leider darf man nicht mit Blitzlicht fotografieren, entsprechend sind dann auch meine Bilder ausgefallen.)

PS: Die Vermarktung läuft ebenfalls auf Hochtouren: es gibt documenta-Radiergummis, -Bleistifte, -Bücher, -Schlüsselanhänger, -Umhängetaschen, …

Aber letztendlich ist das nicht so dramtisch: die 12. documenta ist wirklich sehr groß, toll und absolut sehenswert. Wer nicht hingeht, verpasst etwas.

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